In Zeiten wie diesen geht es auch darum, Ideen zu entwickeln, kreativ und engagiert zu sein. Es geht darum, die Einschränkungen zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Im Beruf, im Privatleben und im Sport. Die Erwachsenen versuchen sich sportlich mit Einzelaktivitäten oder ON-Line Angeboten – mit mehr oder weniger großem Erfolg -fit zu halten, aber was machen die Jüngsten in unserer Gesellschaft? Denn die Kleinen verstehen es am wenigsten, warum sie sich nicht mehr Austoben dürfen, warum die wöchentliche Trainingsstunde schon seit zwei Monaten ausfällt.
Kathrin Wahler hatte eine Idee. Als achtfache Mutter weiß die Weilburgerin, wie schwierig es ist, Kinder zu bändigen, ihrem Bewegungsdrang gerecht zu werden. Und als lizenzierte Übungsleiterin des TV Weilburg wollte sie ihre Schützlinge auf Trab halten, wollte den Kontakt halten. Und das geht in der WhatsApp-Gruppe ganz prima. Angefangen hat Kathrin Wahler mit den Minimini-Handballern, den Vier- bis Sechsjährigen. Einmal pro Woche hat sie per Video Aufgaben wie den „Klammeraffen“, das „Brezelschnappen“ und den „Legoturm“, die ihre Kinder vorgemacht haben, verschickt und auf Rückmeldung gewartet. „Das hat ganz gut geklappt. Spätestens nach drei Tagen hatte ich Videos und Bilder von den Kindern. Wenn es gut läuft, machen zehn bis fünfzehn mit, manchmal auch nur acht. Wahrscheinlich liegt es an der Aufgabe, ob das Kind das schafft und die Eltern die Nerven haben, immer wieder aufs Neue ein Video zu drehen.“ Dass nicht alle mitmachen, ist für die Weilburgerin völlig okay: „Tatsächlich ist auch eine Mutter ausgetreten.“ Eine Ausnahme.
… auf dem Kopf Türme bauen
Seit ein paar Tagen versendet Kathrin Wahler ihre Übungsaufgaben auch den zwei- bis vierjährigen Mädchen und Jungen der Kinderturngruppe. „Da gibt es auch die ersten Rückmeldungen. Ich hoffe, dass es noch ein paar mehr werden“, sagt die Übungsleiterin. Ihr Problem: „Das Entwicklungsfenster innerhalb dieser Altersklasse ist größer, die Gruppe heterogener. Deshalb ist schwierig, da für alle die richtigen Übungen zu finden. Der eine kann ohne Probleme, einen Purzelbaum machen, der andere kann es gar nicht.“ Deshalb sollen die Kinder sich auch auf einen umgedrehten Putzeimer stellen und darauf versuchen, sich Socken und Schuhe anzuziehen.
„Mir ist es wichtig, dass sich fitte Kinder und Kinder, die sich motorisch noch ein bisschen schwerer tun, gleichermaßen angesprochen fühlen. Deshalb gebe ich als Aufgabe keine Purzelbäume. Ich will sie vielmehr mit dem ködern, was sie schön können, aus dem Turnen kennen und was sie gerne machen.“ Ihr geht es natürlich auch um die turnerischen Aspekte. „Die Kleinen sollen lernen, das Gleichgewicht zu halten, sie sollen an ihrer Feinmotorik arbeiten und dabei auch etwas für ihre Muskulatur tun.“
Dass sie keine Internetlinks verschickt, hat für Kathrin Wahler einen Grund. „Das Internet ist zwar voll mit guten Übungen, aber ich sehe es ja bei meinen Kindern, wie wichtig es ihnen ist, dass nicht wildfremde Kinder oder Erwachsene die Übungen vormachen, sondern lieber sich selber oder ihre Freunde dabei sehen. Gleichzeitig wird so auch der Ehrgeiz geweckt, weil sich die Kinder miteinander messen können.“
Die Weilburgerin plant, das Übungsangebot zu erweitern. „Es wäre schön, wenn ich die Kinder auch zum Laufen bewegen kann. Ich würde ihnen dann Bilder von zwei Punkten als Start und Ziel schicken. Im Zeilen werden dann kleine Geschenke versteckt sein. Da bin ich aber noch nicht zu gekommen.“ Allzu gerne würde sie ihren kleinen Sportlern auch kleines Übungsvideos aus der Vereinsturnhalle in der Adolfstraße schicken, damit die Erinnerung an das gewohnte Umfeld nicht verblasst. Aber die Sportanlagen sind geschlossen.
An eine schnelle Rückkehr glaubt Kathrin Wahler nicht: „Selbst wenn es Lockerungen gibt und wir uns in Kleingruppen treffen können, wird es schwierig. Gerade die Kleinen werden es nicht schaffen, sich an die Abstandsregel zu halten. Außerdem werde ich es nicht hinkriegen, fünf Mal hintereinander eine halbe Stunde mit fünf Kindern zu turnen.“ Deshalb sucht Kathrin Wahler auch weiterhin nach Alternativen. Denn auch in Zeiten wie diesen ist für sie klar: „Kinderturnen muss es trotzdem weiter geben.“